Gestern habe ich Mutti im Pflegeheim besucht. Ihr ging es gar nicht gut. Beim Mittagsschläfchen ist die Nasenbrille, so nennt man die Sauerstoffversorgung durch einen Schlauch, der in die Nase gesteckt wird, abgerutscht und sie hat ca. 1 Stunde ohne Sauerstoff geschlafen.
Bereits nach 2 Minuten – beim Sauerstoff messen – sinkt die Sauerstoff-Sättigung von 95 auf 77. Ich muss Ihnen also nicht erklären, wie verheerend es ist, wenn sie eine Stunde lang keinen Sauerstoff bekommt.
Am 7.12. ist sie ins Krankenhaus gekommen. Im Notarzt-Wagen wurde ein CO₂ Wert von 67 im Blut gemessen. Ab 60 kann man bereits ins Koma fallen.
Wir atmen Sauerstoff ein und Kohlenstoffdioxid (CO₂) wieder aus. Bei meiner Mom ist das Problem, dass sie das CO₂ nicht wieder ausatmen kann. In Filmen bringen sich Menschen oft selbst um, in dem sie beim Auto einen Schlauch vom Auspuff ins Fahrzeuginnere legen, den Motor starten und sich ins Auto setzen. Durch das CO₂ vergiften sie sich. Es macht müde. Sie schlafen ein und wachen nie wieder auf. Meine Mom braucht dafür kein Auto. Ihr Körper macht das von alleine.
Im Krankenhaus wurde regelmäßig Blut abgenommen und der CO₂ Wert gemessen. Als er wieder bei 47 war (normal ist so zwischen 35 und 45), hat man sie entlassen und sie ist (am 27.12.) in die Kurzzeitpflege gekommen. In der Kurzzeitpflege kann man den CO₂-Wert leider nicht messen, da ein Pflegeheim i. d. R. kein eigenes Labor hat und dementsprechend auch kein Blut abgenommen wird. Man kann also nur die Sauerstoffsättigung messen.
Sie war die letzten 2 Jahre locker 4 bis 5 Mal im Krankenhaus. Meist mit akutem Nierenversagen. Wenn die Nieren versagt haben und der Körper dadurch nicht mehr entgiftet wurde (das ist nämlich die Aufgabe der Nieren), war sie sehr wirr. Wusste nicht mehr, wo sie ist oder hat mich mit meinem Sohn verwechselt. Sobald sich die Werte aber wieder gebessert haben, wurde sie wieder klar im Kopf.
Dieses Mal ist das aber anders. Ja, es gibt auch mal relativ klare Momente, aber meist ist sie weiterhin noch ziemlich durcheinander. Im Krankenhaus sprach man ständig von einer Demenz, aber sie war vorher nicht dement. So ein bisschen beschleicht mich das Gefühl, dass durch die Unterversorgung mit Sauerstoff und durch den hohen CO₂-Wert im Körper dieses Mal wirklich Gehirnzellen geschädigt wurden. Ich weiß auch nicht, ob sich das nochmal bessert, oder ob das nun der neue Status quo ist. Ich hoffe nicht und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, aber ich mache mir Sorgen.
Gestern war sie, wie Menschen, die sich in so ein modifiziertes Auto setzen, sehr müde. Sie konnte die Augen kaum offen halten. Sie ist immer wieder eingeschlafen. Sie hat gegen die Müdigkeit angekämpft, das habe ich gemerkt, aber die Müdigkeit war größer. Gesprochen hat sie auch nicht. Auf Fragen nicht geantwortet. Sie wollte Antworten. Sie hat überlegt, aber sie ist beim Nachdenken immer wieder eingeschlafen.
Ich habe sie dann gefüttert. Auch das hat ewig gedauert, weil sie selbst beim Kauen eingeschlafen ist.
Als ich dann wieder zu Hause war, hat die Frau (Krankenschwester) gesagt, dass das kein lebenswertes Leben mehr ist und es vielleicht besser wäre, wenn man sie einfach gehen lässt. Nüchtern betrachtet, hat sie damit recht. Die Gedanken sind mir auch schon durch den Kopf gegangen. Die Frage ist nur, ob es sich nochmal bessert, oder, ob das jetzt der neue Status quo ist. Wäre er das, würde ich es ähnlich sehen, aber das müssen wir noch herausfinden. Noch habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben.
Das Problem ist nur, dass ich diese Erklärung gestern Abend mehrfach mit anhören musste. Die Kids haben gefragt, wie es Oma geht und jedes Mal hat die Frau erklärt, dass es vielleicht besser wäre, wenn man sie einschlafen ließe. Auch, wenn sie evtl. recht hat, will und muss man das nicht immer wieder erklärt bekommen. Ich wollte das nicht x-mal hören. Das ist wie mit dem Übergewicht. Da muss ich auch nicht jeden Tag 5-mal hören, dass ich zu fett bin. Das weiß ich auch selbst.
Eigentlich wollte ich sie heute nicht besuchen, werde es wohl aber tun, um zu sehen, ob es ihr heute wieder etwas besser geht und wie die Nacht war. Zumindest war kein Anruf auf dem Handy. Was in so einem Fall eine gute Nachricht ist.
Twitter und Bluesky sind meine größten Zeitfresser. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich mag – nein, ich liebe – Twitter & Co. Ich liebe meine Bubble. Zumindest die Twitter-Bubble. Bei Bluesky ist mir aktuell noch zu viel Polit-Gedöns in der Timeline. Ich muss da mal ein paar Leute rausschmeißen und/oder auf Stumm stellen.
Menschen, die gelegentlich mal eine politische Meinung äußern oder für einen Politiker(in) sprechen, die sie mögen, sind nicht das Problem. Problem sind die, die meinen pausenlos Wahlkampf machen zu müssen und ständig jemandem erklären müssen, das Robert Habeck der Erlöser ist und alle anderen Versager sind. Das Friedrich Merz der Grinch ist. Das Söder ein Vollidiot ist. Oder auch umgekehrt. Und ja, ich weiß auch, dass die AfD scheiße ist. Ja, ich finde Nazis auch Kacke. Aber auch hier ist es wie mit dem Übergewicht. Ich muss das nicht jeden Tag 5 Millionen mal hören und manche haben scheinbar keine andere Lebensaufgabe, als einem diese Dinge immer und immer wieder in die Timeline zu rotzen. Das geht mir genauso auf den Sack, wie militante Veganer, die mir immer wieder – ungefragt – erklären, dass Fleisch essen schädlich für die Umwelt und Tier-Mord ist. Oder ehemalige Raucher, die vorher selbst Kette geraucht haben und nun jeden Raucher zum Nichtraucher machen wollen. Sie merken scheinbar nicht, dass das nicht nur nicht funktioniert, sondern oft sogar genau das Gegenteil von dem bewirkt, was sie erreichen wollen. Da bestellt man sich aus trotz gleich 2 Steaks und steckt sich 2 Kippen gleichzeitig in den Hals.
Also Timeline ausdünnen und solche Menschen – die einem dauerhaft ihre Meinung aufdrängen wollen – vor die Tür setzen. Leider trifft das auch manche Accounts bzw. Menschen (dahinter), die man eigentlich irgendwann mal sehr gern gemocht hat. Aber hier muss ich mir dann wohl eingestehen, dass es nur ein LebensabschnittsBuddy war. Ich kann und will nicht jeden bekehren. Ich muss das auch nicht. Wenn das ihr Kampf ist, sollen sie ihn halt kämpfen, nur bitte ohne mich!
Außerdem ist Twitter & Co. kurzweilig/kurzlebig. Ja, es macht mir Spaß, aber selbst die besten Einträge gehen in der Masse unter. Niemand sieht in 2 Wochen noch, was ich heute tolles geschrieben habe. Niemand macht sich die Mühe, da mal 250 Tweets zurückzugehen und nachzuschauen, was Herr Wilder vor 14 Tagen für einen tollen Geistesblitz hatte.
Mein Tag hat nur 24 Stunden. 8 davon muss ich arbeiten. 8 davon muss ich schlafen. Die Zeit, die ich zum Schreiben habe, kann ich nur einmal nutzen. Ich muss mich also entscheiden, ob ich meine Zeit in Twitter & Co. investiere oder lieber mein Tagebuch und/oder eine tolle Sexgeschichte schreibe. Ich habe mich entschieden. Ich investiere meine Zeit lieber in mein Tagebuch und heiße Sexgeschichten. Was für Twitter & Co. bedeutet, dass ich weniger online sein werde und mich auf wenigere aber gute Tweets, Skeets oder Threads beschränke.
Zwei-, dreimal am Tag 10 Minuten Twitter (30 Minuten pro Tag) müssen reichen. Dafür lieber mit einer tollen Sexgeschichte ein paar Höschen feucht machen. Das macht mir mehr Spaß!
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5 Antworten
Ganz genau so. Auch ich habe festgestellt, dass mir Twitter viel zu viel Zeit abgräbt. Spätestens im Frühjahr muß das weniger werden, da beginnt die Frischluftsaison wieder
Alles Gute für Deine Mom. Hoffentlich kommt sie wieder auf die Beine.
Lieber Ben, danke für deine Offenheit und dass du dies mit uns teilst. Alle, die dich kennen und schätzen, werden es verstehen und dir auch weiterhin treu folgen. Zu diesen Menschen zähle ich mich selbst.
Ich wünsche dir und deiner Familie nur das aller Beste, viel Kraft und drücke die Daumen, dass es deiner Mama bald besser geht. 🤗
Hey liebe Sandra,
ich danke dir. Habe mir auch keine Sorgen gemacht, dass ihr mich plötzlich alle im Stich lasst. Es ist eben nicht nur „Twitter“, sondern es sind ganz viele tolle Menschen da. Ja, auch genug Idioten. Aber, es sind nicht die Idioten, die es ausmacht. Es sind die tollen Menschen und viele davon begleiten mich nun schon seit mehr als einem Jahrzehnt.
Liebe Grüße,
Ben
Hallo Ben
Erst einmal danke für diese Teilen und deine Gedanken.
Für deine Mam alles Gute. Meine Schwiegermutter ist leider auch so ein Fall. Sauerstoffsättigung und Demenz sind die Felder..
Auch mir läuft die Zeit bei Teitter und Co durch die Hände. Habe leider auch keine Patentlösung.
Frage an dich wie komme ich in Bluesky rein?
Hallo lieber Günter,
dann drücke ich auch dir für die Schwiegermutti alle Daumen.
Du kannst dich einfach bei Bluesky anmelden/registrieren, wie bei Twitter auch. Hier der Link:
Liebe Grüße,
Ben